Was in Fachkreisen an Datenerhebung und detaillierter Analyse zur Pandemiebekämpfung längst unstrittig und inzwischen auch in der Landes- und Bundespolitik allgemein anerkannt ist, muss in Bonn weiter warten. Ein Antrag des Bürger Bund Bonn mit dem Ziel, das Bonner Infektionsgeschehen durch eine anerkannte wissenschaftliche Einrichtung (z.B. Fraunhofer-Institut) auf Ortsteilebene auswerten zu lassen und dann auf Basis der Untersuchung gezielte Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus einzuleiten, wurde gestern Abend im städtischen Sozialausschuss ohne Votum in den Hauptausschuss zurückverwiesen, aus dem er vor einer Woche zuvor auf Antrag des Vorsitzenden des Sozialausschusses kam.
Zuvor hatte die Verwaltung in Gestalt der Kämmerin im Sozialausschuss nur mündlich erläutert, dass man zwar plane, Daten zu erheben und dann mit der Statistikstelle und den städtischen IT-Fachleuten Auswertungen vorzunehmen, wie das aber genau ablaufen soll, konnte Frau Heidler in Anwesenheit von der für Soziales zuständigen Beigeordneten Krause sowie der kommissarischen Leiterin des Gesundheitsamtes nicht ausführen. Dass noch Zusatzdaten erhoben werden sollen, erschien dem als Antragsteller anwesenden Fraktionsvorsitzenden der BBB-Fraktion, Marcel Schmitt, mit Blick darauf, dass Stadtdirektor Wolfgang Fuchs in der Sitzung des Hauptausschusses vom 29.April 2021 noch erklärt hatte, die Stadt verfüge bereits über alle notwendigen Daten, ebenso fragwürdig wie die geplante Auswertung mit eigenem Personal. Antworten auf seine Fragen erhielt er von einer sichtlich überforderten Verwaltungsriege nicht.
Schmitt: „Wir wollen eine sauber wissenschaftlich begleitete Auswertung der Daten, die es der Stadt ermöglicht, Ansteckungsherde zu identifizieren und mit gezielten Impfangeboten die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Das geht nicht mit Bordmitteln, zumal die Statistikstelle seit Jahren gezielt kaputtgespart wurde und dort wie im IT-Bereich gar kein auf pandemische Entwicklungen geschultes Personal vorhanden ist. Dass man sich am Ende im für die Gesundheit der Bonner Bürgerschaft zuständigen Ausschuss nicht in der Lage sah, ein Votum abzugeben, ist angesichts der längst öffentlichen Erkenntnisse aus Köln und anderen Kommunen ein Armutszeugnis. Die von Peter Kox (SPD) initiierte Prüfung des Antrages in dem von ihm als zuständig und kompetent angepriesenen Fachausschuss erwies sich als Rohrkrepierer. Der Vorgang macht noch einmal deutlich, dass es der Ratsmehrheit mit der Vertagung im Hauptausschuss letzte Woche nur darum ging, den Beschluss einer von der Opposition vorgeschlagenen Initiative zu verhindern. Das ist verantwortungslos.“
Die Vertreterin der FDP glaubte gar, dass die Auswertung von sozio-ökonomischen Daten zu einer Stigmatisierung von Personengruppen führen könnten und beantragte kurzerhand die Wörter Arbeitslosenquote, Mitspiegel und Migrationsanteil aus dem Beschlusstext zu streichen. Dass es dem Virus egal ist, wer sein Opfer ist oder welchen sozialen Stand dieses hat, und es jetzt jenseits von falsch verstandener Political Correctness nur darauf ankommt, den Bewohnern als auch Beschäftigten in besonders betroffenen Bereichen Bonns bei der Bekämpfung des Virus durch Impfen schnell zu helfen, kam Petra Nöhring nicht in den Sinn.